Grüne sehen Naturwald als perfekte Ergänzung zu Wirtschaftswald
Besichtigung des Naturwaldes im FFH-Wald-Gebiet „Felsberg“.
„Vielfalt ist Trumpf – Monokulturen schaffen zunehmend Probleme“. Was als weitverbreitetes Wissen in Bezug auf die Zusammensetzung von Biotopen gilt, trifft ebenso auf die Waldstrukturen und Forsteinrichtungen von Kommunen zu, waren sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der `Grünen Wald-Exkursion´ im Bensheimer Naturwald „Felsberg“ einig. Revierförster Dirk Ruis-Eckhardt hatte die Anwesenden aus Naturschutzverbänden und grünen Kommunalpolitikerinnen und -politikern aus Bensheim, Lautertal sowie Seeheim-Jugenheim durch das Bensheimer Naturwaldareal „Felsberg“ geleitet und mit Forst-Anwärterin Sabrina Stark in die Strukturen naturgerechter Beförsterung eingeführt.
Moritz Müller, Bundestagskandidat der Bergsträßer Grünen, mahnte Ernsthaftigkeit beim Diskutieren zukünftiger Waldstrategien an: „Die unübersehbaren Folgen des Klimawandels mit ihren verheerenden Schäden in unseren Wäldern führen uns vor Augen, wie wichtig die Einhaltung der Pariser Klimaschutzziele auch auf lokaler Ebene sind. Eine Klimaerhitzung von über 1,5 Grad Celsius können unsere Ökosysteme nicht verkraften“, so Müller. „Darum begrüße ich die interkommunale Zusammenarbeit im Natur- und Klimaschutz.“
Förster Ruis-Eckhardt hatte die Exkursion in mehrere Etappen aufgeteilt, wobei immer wieder Wirtschaftswald mit Naturwald verglichen und analysiert wurde. „Naturwald ist sehr positiv für die Biodiversität und ein sehr spannendes Testlabor für die natürliche Anpassung an den Klimawandel. Da können wir in den nächsten Jahrzehnten sehr viel lernen. Allerdings ist ein sorgsam und nachhaltig geführter Wirtschaftswald ebenfalls biologisch und klimatologisch wertvoll. Keine von beiden Waldstrukturen ist für sich allein der richtige Weg. Die gute Mischung macht´s“. Dabei solle man nicht vergessen, dass Deutschland einen hohen Holzbedarf aufweise. Niemand vor Ort werde wohl dafür plädieren wollen, Holz aus Übersee importieren zu lassen. Insofern müsse der heimische Wirtschaftswald gegenüber Naturwald deutlich überwiegen.
Die Gruppe hatte sich eingefunden, da die Lautertaler Grünen aktuell einen Prüf-Antrag auf Ausweisung von Naturwald-Anteilen in die Gemeindevertretung eingereicht haben. „Lautertal hat bisher keinerlei Naturwald, wir haben aktuell nur Wirtschaftswald – also Wald, der primär als holzproduzierender Wirtschaftsfaktor eingestuft ist“, erinnerten die Lautertaler Fraktionsmitglieder Jörg Gebauer, Olaf Harjes und Frank Maus an die derzeitige Situation. „Die hessischen Staatswälder sowie die nachbarlichen Kommunalwaldbesitzer Bensheim und Seeheim-Jugenheim sind uns da mit Naturwaldanteilen von zwei bis zehn Prozent einen großen Schritt voraus. Die steigenden Belastungen durch den Klimawandel haben die Lautertaler Kommunalpolitikerinnen und -politiker allerdings parteiübergreifend wachgerüttelt, sich neu mit dem Wald auseinandersetzen zu müssen. Wir rechnen daher mit Unterstützung aus den anderen Fraktionen.“
Einigkeit habe der Exkursionstermin zudem darüber erbracht, dass der Felsbergwald vor besonders intensiven Herausforderungen stünde, so die grünen Kommunalpolitiker. Walter Sydow und Katja Ebert, grüne Gemeindevertreter aus Seeheim-Jugenheim skizzierten eine interkommunale Projektidee: „Auf der einen Seite ist der Felsbergwald Naturschutzgebiet, auf der anderen Seite Hessens beliebtester Tourismusmagnet. Das schafft besondere Widersprüche und Probleme. Vielleicht lohnt es sich, darüber nachzudenken, inwieweit man dem touristisch hoch frequentierten Felsenmeerwald in anderen Teilen des Felsbergwaldes besondere Ruhe und Schutz durch Naturwaldbereiche schenkt. Hier könnte man auch interkommunal denken, schließlich grenzen die Gemarkungen von Bensheim, Lautertal und Seeheim-Jugenheim genau dort aneinander.“ Auch Ruhezonen für Wildtiere würden sich am Felsberg verwirklichen lassen, ergänzte Revierjäger Udo Rutkowski.
Förster Ruis-Eckhardt bedankte sich abschließend für das gute, respektvolle Fachgespräch bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern: „Lassen Sie uns auch zukünftig gemeinsam weiter nach den Prinzipien nachhaltiger Waldbeförsterung zusammenarbeiten. Wir von Hessenforst haben letztlich das gleiche Ziel wie Sie als kommunale Waldbesitzer, nämlich einen gesunden, klimaresistenten Wald für die kommenden Generationen zu erhalten. Hierbei können wir uns gerne engagiert austauschen, welche Detailziele wir verfolgen wollen, z.B. bzgl. Naturwald“. Hessenforst sei dialogbereit und man freue uns auf den weiteren vertieften Diskurs.